Erinnerung der Leichtigkeit
Selbst das größte Chaos an Knotenpunkten führt zu keinem großen Hupkonzert, sondern zu einem gelassenen Abwarten. Es sind wirklich weder Ärger noch Aggression erkenntlich.
Die Balinesen können Menschen, die sich über die Dinge des Lebens aufregen und echauffieren, nicht verstehen und finden solche Gefühlsausbrüche eher lustig. Und dies gilt nicht nur für den Verkehr, sondern grundsätzlich begegnet man überall eher lächelnden Menschen. Und das, obwohl die meisten Balinesen nicht im Wohlstand leben und keine gesicherte, gutbezahlte Arbeit haben. Trotzdem scheinen sie mehr in sich zu ruhen und mehr Distanz zu den Dingen des Lebens zu haben.
Was können wir von ihnen lernen, um vielleicht auch zu dieser wunderbaren Einstellung zu kommen und das Leben und damit auch uns leichter zu nehmen?
Schaut man auf den normalen Alltag eines Balinesen, fällt auf, wie viel Zeit er dem Kontakt mit den Göttern widmet. Der Tag beginnt mit einem kleinen Opfer und Gebet am Haustempel, auf seiner Arbeit wird eine Opfergabe z.B. vor seinem Geschäft gemacht, vielleicht noch ein Opfer an einer gefährlichen Kreuzung für die Sicherheit aller. Überall sind die kleinen farbenfrohen Schalen mit Blumen, Früchten oder etwas Reis zu sehen. Wenn es irgendwie eingerichtet werden kann, besucht er mindestens einmal am Tag einen der größeren Tempel, die auf der „Insel der Götter“ überall zu finden sind. Dafür zieht er sich gut an, bereitet die Opfergaben vor und geht - am besten mit Mitgliedern seiner Familie - in den Tempel. Dort werden die Opfer auf einen Altar dargebracht, und er verbringt einige Zeit auf dem Boden sitzend davor, um den Mantren der Priester zu lauschen und einfach zu sein.
So ist seine Spiritualität in seinen Alltag eingebettet und er wird ständig erinnert bzw. erinnert sich selbst immer wieder daran, wer er und wie die Wirklichkeit ist. Dass er Teil eines Ganzen ist. Dass er nicht nur ein Körper mit einem Verstand ist, sondern ein mit allem verbundenes Wesen, das hier Erfahrungen mit Körper und Verstand macht. Mit diesem Selbstbild, das immer wieder über den Tag verteilt erinnert wird, ist das Leben einfacher und leichter. Und ein Lächeln erscheint viel häufiger im Gesicht...
Ich selbst merke auch immer wieder, wie notwendig die ständige Erinnerung der einen Wirklichkeit ist. Die Welt der Form lädt einfach sehr dazu ein, das wahre Wesen zu vergessen und sich ganz mit ihr zu identifizieren. Und sie dementsprechend schwer zu nehmen und zu wenig zu Lächeln.
Wie sieht das bei dir aus? Wie häufig erinnerst du dich an deine wahre Wirklichkeit? Und was kannst du von der Insel der Götter lernen?